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Der Corona Golfer

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Der Corona Golfer – ein elitärer Egoist?

Die Zeit der Corona Krise und der geschlossenen Golfclubs zehrt an den Nerven vieler Golfer. Golf zu spielen erscheint vielen wichtiger als alle Vorsicht, Verschwörungstheorien und Aufrufe zur Öffnung der Golfplätze machen die Runde. Unverständnis trifft auf Widerstand. Ein Versuch, die Blickwinkel der betroffenen Seiten aufzuarbeiten.

Am Ende der dritten Woche der Ausgangsbeschränkung und der damit verbundenen Schließung der Sportstätten herrscht vielerorts Unverständnis für die Maßnahmen der Regierung zur Eindämmung der Infektionen mit Corona. Die sozialen Medien werden überschwemmt von Aufrufen zum Widerstand gegen die behördlichen Auflagen – untermauert mit Expertisen diverser Spezialisten und Beschwörern des kollektiven Untergangs – inszeniert von den Regierungen dieser Welt. Alles nur Show um abzulenken und uns das Bargeld zu nehmen, so unken wiederum andere.

Wissen es Golfer wirklich besser?
Angesichts der vielen Aufrufe darf – nein, muss man sich – diese Frage stellen. Aber warum sollten es Golfer besser wissen, was macht Vereinzelte, zum Glück ist es nicht die Masse – so sicher, dass der Rest der Welt falsch liegt? Hier sind wohl der Frust, der Verlust und ähnliche Gefühlslagen der Vater des Gedanken. Um einen Grund für die Befreiung von der Sperre zu liefern, redet man sich die Situation schön. Der wahre Grund wird wohl nie ans Tageslicht kommen.

Mögliche Gründe der Golfer
Als sicher ist anzunehmen, dass Golfer nicht die Weisheit mit dem Löffel abbekommen haben. Der Grund der teils verzweifelten Aufrufe zur Öffnung der Golfanlagen wird wohl eher darin begründet sein, dass der so geliebte Sport schlicht und ergreifend fehlt. Der Winter ist vorbei, das Frühlingswetter lockt. Die gesamte Golferschaft hat sich auf den Saisonbeginn gefreut. Man hat trainiert, den Winter über durchgehalten oder sich in wärmeren Gefilden auf die Saison vorbereitet.
Der Blick auf die aktuelle Lage und der damit verbundene Entzug des Lieblingssports lässt die Emotionen hochgehen.

Ein triftiger Grund sind sicher auch die bereits bezahlten Gebühren an den Golfclub. Man hat also das „Recht“ zu spielen. Und eben dieses Recht wird durch die Maßnahmen der Regierung konterkariert. Das schmeckt nicht. Schon gar nicht dem selbstbewussten, erfolgreichen Golfer oder der ebenso komfortabel situierten Golferin. Schließlich haben diese das Leben in allen Lagen fest im Griff. Leider eine trügerische und gefährliche Einstellung.

Positiv wird von den Befürwortern der Platzöffnung in die Waagschale geworfen, dass Sport und Bewegung der Gesundheit dienen und das Immunsystem stärken. Dem ist durchaus zuzustimmen.

Gesunder Golfsport versus Kontaktverbot
Es erscheint doch mehr als logisch, dass am Golfplatz die gesunde Bewegung trotz Kontaktverbot ideal auszuüben ist – dies führen viele als Begründung für Ihr Unverständnis der Platzsperren an. Plötzlich mutiert der Gesellschaftssport Golf also zum Einzelsport?

Selbstverständlich werde man allein seine Runden ziehen und alle strengen Regeln einhalten. Ein Club hatte dem Ministerium bekundet, dass alles getan werde um die Personen zu schützen. Startzeiten von 10 Minuten, Fahnen werden gezogen, nur Einzelspieler oder Ehepaare bzw. Personen aus einem Haushalt. Beifall aus der Crowd, Ranger könnten dies kontrollieren, so die Stimmen dazu aus dem allwissenden Netz. Klingt alles gut, aber glaubt wirklich wer daran, dass das so abläuft?

Ein Corona Golftag

Ich fahre also zu meiner Einzelrunde, nehme aber natürlich meine Frau mit. Die Fahrt zum Club ist im Grunde ja schon nicht erlaubt, aber es ist ja mein Sport, meine Bewegung. Alles klar. Eine Startzeit habe ich zum Glück ergattert, ist ja nun auch unter der Woche alles gebucht – Zeit zu golfen hätten nun ja viele. Nur finden bei weitem nicht alle Platz. Bei 10 Stunden wären das gerade mal 120 SpielerInnen pro Tag. Nachdem aber nicht nur Haushaltspaare golfen (Meldezettel für den Ranger nicht vergessen 😉 mein Golfkumpel aus derselben Gasse gilt nicht) kommen 80 SpielerInnen auf den Platz. Wird ja immer besser mit dem Abstand.
Auf dem Platz angekommen löse ich meine Greenfee kontaktlos – das ist ja leicht zu bewerkstelligen, auch mit dem nötigen Abstand. Nachdem ich aber Mitglied bin, löse ich ja keine Greenfee, schließlich löse ich mein Spielrecht ein und will endlich meine Runde spielen. Also brauche ich nicht zum Clubhaus, wiederum ein Vorteil. Aber halt, bequem wie ich bin will ich ein E-Cart – also doch zum Sekretariat. Auf dem Weg dorthin treffe ich einen alten Kollegen, ein kurzes Update zur Lage – Begrüßung mit Ferse, alles auf Abstand. Smalltalk mit der Sekretärin – Bezahlung kontaktlos mit Karte. Dann zum Caddiemaster, auch hier ein Tratscherl, man hat sich ja lange nicht gesehen.
Das Gespräch ist auch notwendig, denn das Wagerl muss noch desinfiziert werden. Schließlich will man sich ja nicht anstecken. Schlüssel steckt, zuwinken und ab.
Zurück am Parkplatz verlade ich die Bags, haut mir einer auf die Schulter. Serwas, hallt es in meinen Ohren – mein Golfbuddy vom Club hat die Startzeit nach mir gebucht. Ich drehe mich um und starre in sein Gesicht – absolute Nähe. Ich zucke zurück. Er ist von der unbekümmerten Sorte. „Geh, tu dir nichts an, ab der 2 spielen wir eh zusammen, oder? Da sieht uns dann sowieso keiner mehr. Abgesehen davon wird alles nur hochgespielt. Ist doch nur eine Grippe. Also bis später!
In diesem Moment tut es mir leid, dass ich das Desinfektionsmittel nicht dabei habe. Aber ich wollte es ja nicht mitnehmen – wozu auch, ist doch jeder vernünftig und erwachsen.

Derart ungewohnte Zeiten erfordern Disziplin und Lernbereitschaft. Gewohnte Abläufe und Verhaltensweisen müssen abgelegt werden. Auf der 2 kommt schon mein Freund mit dem E-Cart angeschossen. Er hat auf das erste Grün verzichtet. „Alleine spielen ist doch fad. Außerdem haben wir uns seit Wochen nicht getroffen. Das wird super heute! Was spielen wir uns aus?
Ich will ihm erklären, dass wir alleine bleiben wollen und uns an die Vorgaben halten, da schlägt er schon ab. Wir geben alles um Abstand zu halten. Die Putts spielen wir in die Nähe der imaginären Fahnen – die Nähe gilt als eingelocht. Fühlt sich nicht wirklich gut an, ebenso wie das ständige Aufpassen, wer sich wann nach dem Ball bückt um diesen aufzuheben.

Irgendwie ist alles verkrampft. Mein Clubkollege spielt ein Birdie und greift zum Schnaps mit den üblichen Bechern im Bag. Ich lehne ab – zu viel Kontakt, zu viele Bilder im Kopf.
Er quittiert das mit schräger Miene. Durst quält mich, wir haben vergessen Getränke mitzunehmen und das Golfrestaurant hat geschlossen. Muss auch so sein. Den Automaten wollten wir nicht benutzen…
Auf der 18 entgehen wir knapp dem Handshake und bedanken uns asiatisch mit gefalteten Händen. Ein Gruß mit gezogener Kappe obendrauf muss reichen. Der gemütliche Ausklang im Clubrestaurant entfällt – hat ja geschlossen. Also ab nach Hause um sich gründlich zu reinigen.

Ein entspannter Golftag sieht für mich anders aus. Natürlich ist dies überzeichnet, kann auch korrekt und einsam ablaufen. Dann war es halt Bewegung ohne Genuss. Dazu kommen noch Szenarien an den Übungsplätzen, der Range am Ballautomaten – eine lange Liste. Viel zu organisieren für die Clubs. Ich jedoch glaube nicht an die bedingungslose Vernunft und Rücksicht der Einzelnen, zu oft wurde ich eines Besseren belehrt. Wir halten derzeit bei über 10.000 Anzeigen wegen Verstoßes gegen die Covid-19 Auflagen. Wenig vertrauenserweckend.

Jeder unnötige Kontakt, jeder unnötig gefahrene Meter ist einer zu viel.

Warum soll es Golfern erlaubt werden sich über andere zu stellen?
Soll es nicht, das Bild in der Gesellschaft wäre für den Golfsport fatal. Alle Bemühungen bestehende Vorurteile abzubauen, wären zunichte. Die Zweifler bekämen Wasser auf die Mühlen und Recht. Ein Bankrottergebnis für die Reputation des modernen Golfsports.

Warum dürfen andere Sportler vermeintlich alles?
Häufig findet man Darstellungen von anderen Sportarten zum Vergleich. Radfahrer, Jogger, jüngst auch Angler und viele andere werden zum „Feindbild“. Fakt ist jedoch auch diese dürfen Ihren Sport nicht oder sehr begrenzt ausüben. Wesentlicher Unterschied ist, dass die „zulässigen“ Sportarten keine Sportanlage benötigen. Auch diese Sportarten haben die Auflage der Vereinzelung und des Abstands. Es gibt zahlreiche Abmahnungen und Strafen in diesen Bereichen – Sportbegeisterte der anderen Sportarten zeigen sich teilweise ebenso wenig einsichtig. So sind gegenseitig viele wütend auf die anderen, weil man subjektiv das Gefühl hat, benachteiligt zu sein.
Etwas Abstand zur Sache und nüchterne Betrachtung der Situation stellen zumeist ein völlig neues Bild her. Selbstversuch ist empfohlen.
Generell ist Sportausübung und Betätigung nur vorsichtig und ohne Verletzungsrisiko angezeigt. In diesen Zeiten einen Unfall zu haben und ins Spital zu müssen ist absolut zu vermeiden.
Leider müssen auch jetzt Unbelehrbare vom Berg geborgen werden oder nach Feiertouren und Unfall eingeliefert werden.

Die monetäre Seite der Medaille
Zu verstehen sind Bemühungen, den Mitgliedsbeitrag (aliquot) ersetzt oder gestundet zu bekommen durchaus. Schließlich bezahlt man Leistung, welche nicht in Anspruch genommen werden kann. Mit diesen Gedanken sollten sich allerdings nur jene beschäftigen, die selbst durch die Krise mit dem Ein- und Auskommen zu kämpfen haben. Golfer und Golferinnen, welche es sich leisten können sind gut beraten den Heimatclub mit Ihrem Beitrag in diesen schweren Zeiten zu unterstützen.
Die oft herbeigerufene Solidarität wird hier an ihre Grenzen stoßen, ist sie doch nicht zum Vorteil der Golferinnen und Golfer. Es wird sich zeigen, wie viel Empathie die Golfer an den Tag legen.
Wie geht es den Betreibern der Golfanlagen?

Obwohl die Sperren der Sportanlagen die Betreiber am meisten treffen, werden kaum Forderungen publik. Clubs und Anlagenbetreiber trifft die verordnete Sperre mit voller Härte. Sie haben bei 100% Ausfall den Betrieb und die Anlagen aufrecht zu erhalten.
Dazu ist auch immer wieder Unverständnis zu lesen – haben die Clubs doch den Mitgliedsbeitrag erhalten und müssen dafür nun nichts leisten. Wie kurzsichtig diese Betrachtung doch ist.
Ohne ins Detail zu gehen sieht die Realität doch ganz anders aus. Die Golfanlage muss gepflegt werden, die Maschinen bleiben in Betrieb, sind zu warten und verbrauchen Treibstoff. Selbstverständlich ist auch personeller Einsatz notwendig, wenn auch teilweise vermindert. Mieten und Pachten sind fällig, Reparaturen und Instandhaltungen sind zu finanzieren. Dem gegenüber stehen die Ausfälle der Greenfees und fehlende Einnahmen durch Turniere. Eventuelle Pachteinnahmen vom Clubrestaurant fehlen ebenso. Die Golfclubs und Golfanlagen durchleben eine sehr fordernde Zeit. Deshalb sei auch hier nochmals zur Solidarität aufgerufen. Wenn das Golferleben nach der Krise unbeschadet und unverändert weitergehen soll, ist jeder Golfer mit seinem Teil gefordert. Wird dieser Forderung nachgekommen, wird nach der Sperre eine gepflegte Anlage bereit stehen.

Sollte es zu einer Öffnung unter besonderen Auflagen und limitierter Gästeanzahl kommen, tut sich ein neues Spannungsfeld auf. Die Mitglieder werden ihr Spielrecht nutzen wollen – sie haben ja bezahlt. Der Club benötigt aber dringend Einnahmen, also Greenfeegäste. Auf das Verständnis der Mitglieder darf man gespannt sein.

Wie geht es Pros und Golfschulen?
Ähnlich wie bei den Golfclubs selbst ist im Zeitraum der Sperre mit Kontaktverbot mit 100% Einbußen zu rechnen. Kreative Pros können sich mit Onlinekursen im Rennen halten. Den Erlös würde ich als bescheiden einstufen, aber man gibt sich nicht geschlagen und bleibt präsent. Einsatz wird belohnt.
Viele versuchen mit Gutscheinverkäufen über die Runden zu kommen, das mag besser wirken als bei den Clubs. Stellt sich die Frage nach der Abwicklung der Anfragen nach der Krise. Dies wird aber alle die im Job stehen, treffen. Der Markt wird alles und sofort haben wollen. Nach der großen Entschleunigung kommt der Raketenstart – sofern die Kunden noch Geld und selbst Zeit haben.

Der Schaden für den Golfsport und die Branche
Es wird Schäden geben, das steht außer Frage. Bleibt zu hoffen, dass es mit blauen Flecken endet und keine Golfanlage schließen muss. Eine heilende Bereinigung wird von manchen Insidern prognostiziert. Es kann also auch hier Gewinner der Krise geben – weniger Angebot belebt das Geschäft. Qualität bei geringstmöglichem Einsatz und Kundenorientierung werden entscheidend sein. Eine Gratwanderung für die Clubs, mit ungewissem Ausgang und Ende – welches derzeit ja noch offen ist.

Die Clubrestaurants werden mit einer (stark) verkürzten Saison auch schwer zu kämpfen haben. Hierzulande sowieso schon kein ganzes Jahr in Betrieb wird eine positive Bilanz 2020 kaum zu realisieren sein.

Der Golfsport selbst wird Schaden nehmen, wenn Sonderlösungen für die Golfer geschaffen werden. Dies ist der Reputation nicht zuträglich und wird sich nachhaltig negativ auswirken. Damit wäre die Diskussion über elitären Snobismus wieder angefacht.
Der Schaden für den einzelnen Golfer, die Golferin hält sich in verkraftbaren Grenzen. Im schlimmsten Fall ist die Jahresgebühr verloren. Tut weh, treibt aber niemanden in den Ruin. Der Schaden am Ego könnte da schon schwerer wiegen.
Was können Regierung oder Verband an der Situation ändern?

Beide Institutionen haben nur ein Ziel – Leben und Gesundheit zu schützen. Insofern ist der Handlungsspielraum begrenzt. Entgegen allen Verschwörungstheorien ist mit absoluter Sicherheit davon auszugehen dass den handelnden Personen die prekäre Situation klar ist.
Im Fall des Golfverbands wird in erster Linie nach Lösungen für die Mitgliedsbetriebe – die Golfclubs gesucht.
Ausnahmen können weder gefordert noch imageschonend umgesetzt werden. Sollte die Regierung einer Ausnahme zustimmen, würde dies einen Ansturm an Ausnahmeanträgen nebst öffentlicher Entrüstung entfachen.
Auch wenn das eigene Interesse und der Wunsch noch so groß sind, das sollte jedem Golfer klar sein.
Besonders tragisch wäre eine Ansteckung durch Unachtsamkeit in der Ausnahmeregelung. Nicht auszudenken, was dies für einen Schaden für den Golfsport bringen würde.

Risikoübersicht
Golfclub:                Sehr hoch
Golfrestaurant:     Sehr hoch
Pro & Golfschule: Sehr hoch
Clubmitglied:         Gering
Greenfeegast:        Kein Risiko

Fazit
Dieses ständige Einfordern ist häufig vorgeschoben, um das eigene Interesse zu befriedigen. Auffällig ist weiterhin, dass die „Ich will Partei“ nach Solidarität ruft. Wenige Prozent fordern Solidarität von vielen Prozent ein. Ein aussichtsloses Unterfangen – zeigt aber klar was wem wichtig ist.
Es stünde vielen gut zu Gesicht, weniger nach Ausnahmen zu rufen und Dinge einzufordern. Je lauter der Ruf, desto größer der Egoismus. Golfer verlieren realistisch betrachtet nichts außer etwas Geld. Würde ein Golfer z.B. länger krank sein, wäre der Verlust ähnlich. Man darf gespannt sein, ob jene die heute laut nach Sonderregelungen rufen, auch später – außer mit guten Ratschlägen – für Ihren Club da sein werden. Im Nachhinein ist man immer gescheiter.

GolferIn verliert nichts, die anderen Parteien im Spiel verlieren im Extremfall die Existenz.

Liebe „ich will-ich muss-ich darf-Gemeinde“ denke beim nächsten Jammern bitte daran.
Es darf auch an all jene gedacht werden, die wirklich zu kämpfen haben (Tourismus, Hotellerie, Gastronomie, …) alle die sperren mussten und 100% Ausfall haben. Und an jene die um ihren Job bangen müssen oder diesen verloren haben. Das sind Probleme, nicht wann ich auf die Runde kann.
Es kann nicht angehen dass eine Runde Golf so wichtig ist, dass alle Risiken unwichtig werden.

Zum Abschluss sei die Bemerkung erlaubt, dass es sehr befremdlich anmutet, dass Menschen welche sich freiwillig einem derart umfangreichen Regelwerk wie Golf unterwerfen sich so schwer tun sich an Regeln zu halten.

Text und Foto: Christian Freidl